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Startseite - Facility Management Forum - Achim H. Pollert: TINO UND DIE VERTRAUENSKRISE
 

Achim H. Pollert: TINO UND DIE VERTRAUENSKRISE

Text Datum Benutzer
Achim H. Pollert: TINO UND DIE VERTRAUENSKRISE
TINO UND DIE VERTRAUENSKRISE

Achim H. Pollert (*), Journalist und Ghostwriter,
über ein Grundproblem der Menschenführung


In der Theorie hält man dergleichen natürlich für die absolute Ausnahme. Schliesslich lernt man in der Theorie etwas vom ökonomisch orientierten Menschen, der sich beispielsweise als Unternehmer nicht erlauben kann, sich massiv gegen die Interessen der eigenen Firma zu verhalten.

Und so stuft man allfällige Berichte von diesem und jenem allzu gerne als "Missverständnisse" ein.

Natürlich: Wenn ein ambitionierter Mitarbeiter behauptet, man hätte ihm dieses oder jenes "versprochen", was dann nicht kommt, dann war ich bereit, zu Beginn meiner Berufslaufbahn - ausgestattet mit dem betriebswirtschaftlichen Rüstzeug in der Theorie, in der überwiegenden Zahl solcher Fälle ebensolche Missverständnisse zu vermuten.

Das kann man sich gut vorstellen: Der Chef nickt einmal zuviel, und schon wertet ein erwartungsvoller Mitarbeiter das Ganze als Zusage. Ein Chef drückt sich etwas ungeschickt aus mit "vielleicht" und "könnte man darüber reden", schon sieht sich ein Arbeitnehmer im Besitz eines klaren Versprechens.

Und natürlich gab es wohl auch hier und da einmal den Fall, dass ein Vorgesetzter durchaus ein klares Versprechen abgibt und selber hinterher nicht mehr wahrhaben will, dass er das getan hat. Aber das wären wohl Einzelfälle.

Wie gesagt: Ich war bereit, es zu glauben.

BIS ZUM ERLEBEN DES GEGENTEILS

So lange, bis ich es selbst erstmals aus eigener Hand erlebt habe.

Mein Muster diesbezüglich hiess Tino. Er war als Vizedirektor bei einer namhaften Schweizer Bank angestellt.

Tino hatte einen recht harten Bankjob zu besetzen. Hart deshalb, weil die Stelle als solche erstmals zu besetzen war. Es gab also keine Reihe von Vorgängern, die den Job geprägt hatten und an denen man ein Anforderungsprofil anlehnen können. Pionierarbeit war zu leisten.

Deshalb hatte ich mich auf die Stelle beworben.

Und so sass ich schliesslich Tino in seinem Büro gegenüber. Ein bleicher schmaler Mann, der insgesamt eher zurückhaltend und trocken wirkte. Zunächst war er mir gar nicht unsympathisch, und ich wäre auch geneigt gewesen, ihm durchaus grosse Kompetenz zuzubilligen. 'Der hat wirklich etwas drauf und wird bald weiter aufsteigen', dachte ich bei mir nach dem ersten ausgiebigen Gespräch mit Tino.

Wieder ein Beleg für meine miserable Menschenkenntnis - könnte man aus heutiger Sicht sagen.

Merkwürdig fand ich, dass Tino von mir noch eine Handschriftenprobe haben wollte. Er hätte da eine externe Graphologin an der Hand, die er in Fragen der Beurteilung von Führungspersonal bemühte. Immerhin war es offizielle Haltung des betreffenden Bankkonzerns, dass man nichts von solchen Handschriften-Analysen halte und deshalb generell darauf verzichte.

Vermutlich hatte Tino selber von dieser erklärten Haltung der Geschäftsleitung seines Arbeitgebers noch nie etwas gehört.

Wie auch immer. Tino und ich wurden im Zuge des weiteren Auswahlprozesses handelseinig. Und er stimmte ungehemmt und ohne zu zögern zu, als ich als Bedingung meine Ernennung zum Prokuristen nannte. Wie heute habe ich vor Augen, wie er auf dem Schreibblock vor sich die einzelnen Notizen machte, darunter auch klar und eindeutig "Prokura" und ein Datum dahinter.

Und das war dann das, was zum Termin nicht kam.

Tino verhielt sich so, als wäre alles in Ordnung und ging mir aus dem Weg. War ausser Haus. Sorgte dafür, dass immer jemand dabei war, wenn wir miteinander zu reden hatten. War gerade in einer Besprechung und würde später zurückrufen. Und das alles durchaus auch, wenn ich irgend etwas Berufliches hatte und gar nicht wegen des gebrochenen Versprechens anfragen wollte.

Diese Absicht hatte ich ohnehin nicht. Nachdem ich das vereinbarte Gehalt bekam, war mir eigentlich gleichgültig, ob ich nun auch mit offizieller Zeichnungsberechtigung ins Handelsregister eingetragen wurde. Ich nahm diesen offensichtlichen Wortbruch und die doch schon recht primitiven Ausweichmanöver meines Vorgesetzten diesbezüglich eher mit etwas belustigter Schräglage des Kopfes zur Kenntnis.

Also doch.

Dergleichen war mir jetzt also auch widerfahren: Dass einem im Vieraugengespräch etwas versprochen wurde - ohne Wenn und Aber - und dass eine Type, die sich an solche Zusagen nicht gebunden fühlt, in einem namhaften Unternehmen in den Direktionsrang gekommen war.

EINIGE MUSTER...

Wie war das noch, was man da so im Laufe der Jahre gehört hatte?

Immer mal wieder hatten Leute von ihren persönlichen Erfahrungen berichtet - und oft hatte ich das eben eher für ein Missverständnis gehalten.

Dass einem Stellvertreter etwa die Beförderung auf den Chefposten versprochen wurde, obwohl man schon wusste, dass der betreffende Posten nach der Pensionierung des Chefs gar nicht mehr besetzt würde. Man wollte eben den Stellvertreter halten, solange man ihn noch brauchte.

Dass einem jungen Menschen ein Auslandsaufenthalt in Aussicht gestellt wird, um ihn zu motivieren, ohne dass je auch nur der Versuch gemacht würde, dieses Versprechen einzulösen. Ganz im Gegenteil: Je mehr die Jahre vergingen, desto mehr schien dieser Plan eines Praktikums bei der Filiale in Paris, New York oder Dubai im Sand zu verlaufen. Irgendwann dann war der Chef gewechselt - und der Neue wollte von den Versprechungen seines Vorgängers sowieso nichts mehr wissen.

Dergleichen hatte man gehört. Immer mal wieder, aus unterschiedlichen Quellen. Und obwohl Menschen hier Aehnliches berichteten, ohne dass sie sich untereinander abgesprochen hatten, war ich eben doch lange Zeit geneigt gewesen, dergleichen komplett ins Reich der Missverständnisse und des Wunschdenkens einzuordnen. Wobei auch solche Dinge natürlich vorkommen, dass Arbeitnehmer eine beiläufige Aussage des Vorgesetzten tatsächlich gemäss dem eigenen Wunsch falsch interpretieren. Aber das ist möglicherweise nicht die Mehrheit der Fälle.

Ganz im Gegenteil.

Und den Vogel abgeschossen hat wohl die Geschichte eines Sachbearbeiters, dem sogar im Anstellungsvertrag zugesichert wurde, der neue Arbeitgeber würde eine Nachzahlung der Beiträge an die betriebliche Pensionskasse übernehmen. Nach Stellenantritt hätte sich dann die Pensionskassenverwaltung im Hause gemeldet und dem Sachbearbeiter erklärt, diejenigen, die seinen Arbeitsvertrag unterschrieben hätten, seien intern gar nicht bevollmächtigt gewesen, seine solche Zusage zu machen. Und deshalb könnte man das arbeitsvertraglich gegebene Versprechen nun nicht einlösen.

Ich hatte diese Geschichte stets für einen Wirtshausspruch aus dem Bankangestellten-Milieu gehalten.

Seit meinen Erfahrungen mit Tino bin ich da nicht mehr ganz so sicher.

DAS VERHALTEN

Für mich ganz persönlich waren die wenigen Monate, in denen ich Tino als Vorgesetzten hatte, nicht ganz verlorene Zeit. Ich begriff damals nämlich, was das grundlegende Problem eines solchen Menschen ist, der einen anscheinend hemmungslos anlügt, der einem ohne weiteres den Himmel auf Erden verspricht und für den die einfachsten Begriffe der Ehrenhaftigkeit nicht verbindlich zu sein scheinen.

Vom unternehmerischen Standpunkt aus ist der Fall klar: Egal wie günstig der Vorteil aus solchen Lügen und Lumpereien momentan auch sein mag - irgendwann ist Schluss. Ob es sich nun um einen auf eigene Rechnung tätigen Unternehmer handelt oder um einen Angestellten in leitender Funktion, ist dabei nachrangig.

Ein lokaler Konkurs, eine Vorstrafe wegen Falschaussage, eine Talfahrt des Aktienkurses wegen öffentlichem Vertrauensverlust oder auch ein ganz spektakulärer Firmenzusammenbruch - als Dauerfolge dieses Lug-und-Trug-Verhaltens ist im einzelnen alles möglich.

Jedenfalls ist irgendwann Schluss.

Man fragt sich: Sieht ein solcher Mensch das denn nicht ein?

Benimmt sich wie mancher Politiker. Zunächst so tun, als wäre alles in Ordnung. Dann abstreiten und von nichts gewusst haben wollen. Falls dann vielleicht doch noch Anhaltspunkte und Zeugen auftauchen, erkennt man die Vorwürfe überhaupt erst an und behauptet vor dem Untersuchungsausschuss oder dem Gericht - und zwar erst dort -, man hätte das allen vergessen gehabt. Was dann folgen, sind Ausflüchte.

Bei Tino prägte sich dieses Verhalten weiter aus.

So wäre es nach Ablauf der Probezeit branchenüblich gewesen, dass man von seinem Vorgesetzten eine Personalbeurteilung erhält. Diese wäre in der Regel schriftlich ausgefertigt, vom Vorgesetzten und vom Arbeitnehmer zu unterschreiben und dann in der Personalakte abzulegen.

Ohnehin schriebe das schweizerische Arbeitsrecht ja klar vor, dass ein Arbeitnehmer jederzeit eine schriftliche Begutachtung seiner Leistung verlangen könnte.

Nun kam auch diese Begutachtung nicht. Auch hier verfolgte Tino die gleiche Taktik, indem er so tat, als wäre nichts. Ich hatte einige Mühe, ihm irgendwann dann einmal in seinem Büro regelrecht aufzulauern, um von ihm ebendiese Eintrittsqualifikation zu verlangen.

Solchermassen ertappt, konnte er mir also nicht ausweichen. Und so begann er - Bürotür zu -, mich in den höchsten Tönen zu loben. Wie wertvoll mein Einsatz hier wäre. Wie sehr er mit mir zufrieden sei. Wie toll die Aufbauarbeit wäre, die ich hier leiste. Wie gut ich mich ins Team eingefügt hätte. Und so weiter.

Zu Ende der 20-minütigen Lobeshymne schliesslich konstatierte er dann noch, es brauche doch einigen Mut, zu seinem Chef zu gehen und ihn auf eine Leistungsbeurteilung anzusprechen. Diesen meinen Mut wollte er noch gesondert erwähnen.

Nichts davon irgendwie schriftlich dokumentiert. Und kein Wort davon ging etwa in meine Personalakte. Nichts, worauf man Tino später hätte festnageln können.

Man hätte sich später nicht etwa darauf berufen können, dass der Vorgesetzte schliesslich bis vor kurzem noch voll mit einem zufrieden gewesen wäre. Denn das hätte Tino empört von sich gewiesen - eben weil keine schriftliche Aufzeichnung darüber bestand. Würden dann Anhaltspunkte auftauchen, dann würden Ausflüchte folgen.

Ich erlebte das in meiner Zeit mit Tino etliche Male, im kleinen wie im grossen. Dann kündigte ich die Stelle und war ausgesprochen froh, diese unerfreuliche Episode hinter mir zu haben.

DAS EIGENTLICHE PROBLEM

Das Problem dahinter heisst einfach nur Vertrauen.

Tino war ein Mensch, dem man einerseits nicht vertrauen konnte und der andererseits selber nicht in der Lage war, einem anderen zu vertrauen.

In dieser - eigentlich bedauernswerten - Lebenshaltung muss jeder noch so unbedeutende Schritt hundertprozentig kontrolliert und überwacht werden. Der zu Kontrollierende darf nach Möglichkeit keine Gelegenheit haben, überhaupt etwas zu tun, ohne vorher zu fragen. Die Vorstellung, man könnte jemandem einen ganzen Bereich übertragen und ihn innerhalb gesetzter Grenzen frei handeln lassen, ist für einen Menschen mit diesem Vertrauensproblem schon etwas grundsätzlich Negatives.

Und ebenso geht ein solcher Mensch davon aus, dass alles, was er selber tut, rigoros und haarklein kontrolliert wird. Und aus Angst vor dieser Abrechnung - dem "Jüngsten Gericht" quasi - will er sich alle Türen und Hintertüren offen halten. Im Rahmen einer an ihn delegierten Aufgabe eine Entscheidung eindeutig zu fällen und hinterher auch dazu zu stehen - auch auf die Gefahr hin, sich geirrt zu haben -, das bringt ein solcher Mensch nicht zustande. Viel zu sehr ist er damit beschäftigt herauszufinden, was die übergeordnete Macht von ihm will. Dem will er sich anpassen.

Setzt diese übergeordnete Macht nur das Vertrauen in ihn und erwartet von ihm, innerhalb des Delegationsrahmens eigenständig zu handeln, dann ist er verloren.

Ein Mensch, der in dieser Art von Vertrauenskrise steckt, ist ungeeignet.

Ungeeignet als fachtechnischer Mitarbeiter, der etwas zu recherchieren hat. Ungeeignet als wissenschaftlicher Mitarbeiter, der eine fundierte Meinung zu vertreten hat. Ungeeignet als adäquater Gesprächspartner für Kunden.

Und ungeeignet als Vorgesetzter, der andere Menschen führen soll.

WAS WUERDEN SIE TUN?

Natürlich: So ungeeignet solche vertrauenslose Menschen auch sein mögen, sie erreichen nicht nur die Funktion des einen oder anderen Vizedirektors in einem Grossunternehmen. Wir alle wissen, dass solche Leute durchaus in Wirtschaft und Gesellschaft auch in die höchsten Positionen gelangen.

Die Frage lautet eher: Was würden Sie eigentlich tun, wenn Sie irgendwo als Arbeitgeber oder Vorgesetzter im Kreise Ihres Mitarbeiterstabs einen solchen Menschen entdecken, der dieses grundlegende Problem mit dem Vertrauen hat? Dem man nicht vertrauen kann. Und der selber niemandem vertrauen kann.

Immerhin hatte ich selber damals, wie eingangs erwähnt, von Tino am Anfang auch einen sehr guten Eindruck gehabt. Ihn nach einigen Wochen oder Monaten dann zu entlassen wegen erwiesener Unfähigkeit, das hätte für mich - im umgekehrten Fall, als Vorgesetzter - immerhin auch das Eingeständnis bedeutet, mich geirrt zu haben. Ich hätte - mir und anderen gegenüber - zugeben müssen, dass meine Menschenkenntnis eben noch deutlich verbesserungsfähig ist.

Mit anderen Worten: Hätte ich Tino angestellt, dann hätte ich selbst wohl auch für eine falsche Entscheidung geradestehen müssen, die man mir anvertraut hätte. Man hätte Vertrauen in mich gesetzt gehabt...

Hätte ich das gekonnt? Könnten Sie es?

Das der Kern der Frage.

Ach so? Was aus Tino wurde...

Ich habe Jahre danach von einem ehemaligen Mitarbeiter aus jener Zeit gehört, später hätten andere wohl auch noch Tinos Unfähigkeit entdeckt. Und mit einigem Bedauern berichtete der Ex-Arbeitskollege, Tino wäre im Hause "kaltgestellt" worden.

Offenbar soll das heissen, er trage im Hause keine Verantwortung mehr, sitze tagein, tagaus in einem unbedeutenden Büro irgendwo am Stadtrand und habe rein gar nichts mehr zu melden.

Trotzdem heisst das aber wohl auch, dass er nach wie vor ein Direktorengehalt bezieht.

So "kaltgestellt" stellen Sie mich getrost daneben...


(*) Achim H. Pollert ist freier Journalist, Fachautor und Ghostwriter

http://www.piazza.ch/de/inserat/2426961/ghostwriter_-_zuverlaessig_diskret_preiswert.html
22 Feb 2007
15:29:26
Achim H. Pollert

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