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Startseite - Facility Management Forum - Achim H. Pollert: Das Richter-Recht
 

Achim H. Pollert: Das Richter-Recht

Text Datum Benutzer
Achim H. Pollert: Das Richter-Recht
DAS RICHTIER-RECHT

Achim H. Pollert ĂŒber eine Gefahr beim Texten im Alltag

"Vor Gericht ist alles möglich."

Oder, etwas poetischer formuliert: "Vor Gericht und auf hoher See ist der Mensch allein in Gottes Hand."

Solche und Ă€hnliche geflĂŒgelte Worte werden gerne von RechtsanwĂ€lten gebraucht, nicht zuletzt bestimmt auch aus GrĂŒnden der Eigenwerbung.
Solange Menschen wie Du und ich glauben, es handelte sich bei der Rechtskunde um eine Art "Geheimwissenschaft", so lange werden wir eben auch eher geneigt sein, die kostspieligen Dienste eines Anwalts in Anspruch zu nehmen.

Dann können die einschlĂ€gig vorgeschulten Herrschaften das alles untereinander abmachen, ihr Geheimwissen austauschen - und wenn es fĂŒr
mich dann am Ende trotz satter Anwaltsgage doch nicht so erfreulich ausgegangen ist, dann habe ich eben Pech gehabt (wie gesagt: vor
Gericht ist eben alles möglich...)

UND JETZT ZUR REALITAET...

Es gibt Juristen, die ausgesprochene Schweine sind (... und Juristinnen natĂŒrlich auch). Wenn so einem die geringste Kleinigkeit an Ihnen nicht passt - weil Sie eine Frau sind, politisch links denken, dick sind, GlĂŒck bei MĂ€nnern haben u.s.w., u.s.f. -, dann
verpasst der Ihnen als Richter nur zu gerne einen bösartigen rechtsbeugerischen Entscheid, mit dem Sie dann mindestens zur nĂ€chsthöheren Instanz mĂŒssen.

Und es gibt Juristen, die sehr dumm sind. Wenn so jemand als Richter zu viele TV-Krimis gesehen hat und z.B. aus den Inspector-Columbo-FĂ€llen aufrichtigen Herzens glaubt, man könnte jemanden ohne jeden verwertbaren Beweis - womöglich gar zum Tod - verurteilen. Oder jedes Mal, wenn ein Mensch einen anderen tötet, wĂŒrde es sich um Mord
handeln und es gĂ€be dazwischen Dinge wie Notwehr, fahrlĂ€ssige Tötung, Körperverletzung mit Todesfolge oder Totschlag u.Ă€. gar nicht erst. Bei so einem Richter kann es Ihnen natĂŒrlich passieren, dass Ihnen ein hanebĂŒchenes Urteil verpasst wird, das der Betreffende durchaus fĂŒr
rechtmÀssig und in Ordnung hÀlt.

Und dann gibt es natĂŒrlich auch noch Juristen, die dumm und Schweine
sind. So jemand kann alleine schon deshalb bösartig werden, um seine
eigene Dummheit zu kaschieren, nicht zuletzt weil er selber ja auch
glaubt, er wÀre an nichts gebunden und könnte als Richter sowieso tun
und lassen, was er will.

GerÀt man an einen solchen Richter, muss man - je nach Gegenstand des Verfahrens - auch darauf vorbereitet sein, durch alle Instanzen zu
gehen. Nötigenfalls bis zum europĂ€ischen Gerichtshof fĂŒr
Menschenrecht. GerĂ€t man an einen solchen Richter, dann nĂŒtzt der
beste Anwalt nichts. Dann ist der Ausgang des Verfahrens
möglicherweise davon abhÀngig, wie sympathisch man demjenigen ist,
oder wie ein Fernsehrichter in der vorletzten Folge der Lindenstrasse
entschieden hat. Oder von beidem.

Lange davor, bevor man ĂŒberhaupt vor Gericht landet, kann man sich
allerdings gegen eine wirkliche Gefahr absichern, die ĂŒberall lauert
und die eben mit dem Begriff "Richter-Recht" beschrieben wird.

DIE AUFFASSUNG DES RICHTERS

Auch der faire, anstÀndige, intelligente Richter bringt sich selbst in
das Urteil ein. Und somit - einmal ganz davon abgesehen, an was fĂŒr
eine Persönlichkeit man gerÀt -, dass das Urteil nicht zuletzt von der
persönlichen Auffassung dieses Menschen abhÀngt, der das richten muss.

Ein Beispiel aus der Gesetzgebung verdeutlicht dies.

So etwa heisst es in der Zivilprozessordnung des Kantons ZĂŒrich:
"Mutwillige ProzessfĂŒhrung wird vom Gericht disziplinarisch geahndet."

Was sich im ersten Augenblick als durchaus sinnvolle und auch
allgemein verstÀndliche Vorschrift anhört und was den anstÀndigen
Menschen vor schrĂ€gen, querulanten Machenschaften schĂŒtzen soll,
entpuppt sich bei nÀherem Hinsehen als sehr zwiespÀltige und
ausgesprochen heimtĂŒckische Klausel.

Denn: "mutwillige ProzessfĂŒhrung" ist fĂŒr jeden Menschen etwas
anderes. Auch fĂŒr einen Richter.

Ist eine ProzessfĂŒhrung "mutwillig", wenn jemand ohne jeden gĂŒltigen
Grund verklagt wird? Einfach nur, um einem Mitmenschen Aerger und
Umtriebe zu bereiten? Oder wenn im Schriftsatz vorsÀtzlich ein Beweis
angekĂŒndigt wird, der gar nicht existiert?

Oder ist eine Prozess dann "mutwillig", wenn er z.B. angestrengt wird,
um den Ablauf einer VerjÀhrungsfrist aufzuhalten? Ist ein Prozess dann
"mutwillig" gefĂŒhrt, wenn eine Partei sich nicht an bestimmte
Verfahrensregeln hÀlt? Oder die dezidierten Anweisungen des Richters
nicht befolgt?

Die Gesetzestexte sind voll von solchem Richter-Recht.

Was sind "Tatsachen, die geeignet sind, den Ruf zu schÀdigen"? Dass
jemand als Jugendlicher vor 30 Jahren an einer Demo einen Polizisten
verprĂŒgelt hat? Dass jemand schwul ist? Dass jemand ein uneheliches
Kind hat?

Was ist "guter Glaube"? Was ist "unbillig"? Und was ist der "offenbare
Missbrauch eines Rechts"?

Was sind "wichtige GrĂŒnde"? Was sind "achtenswerte GrĂŒnde"?

Geht es vor Gericht um solche AusdrĂŒcke, dann ist man tatsĂ€chlich den
Naturgewalten ausgeliefert wie auf hoher See. Denn dann bringt auch
der fairste, anstÀndige, gebildetste und intelligenteste Richter seine
ganz persönliche Auffassung dazu ein. Denn was unter einem solchen
Begriff zu verstehen ist, davon hat schlussendlich jeder Mensch eigene
Vorstellungen.

Und dann ist wirklich "alles" möglich vor Gericht.

Somit ist grundsÀtzlich eine gewisse Vorsicht angeraten, sich in
irgendwelchen Verfahren auf solche Gesetzesformulierungen zu berufen.

Viel wichtiger aber ist, dass sich fĂŒr den schriftlichen Umgang im
Alltag daraus aber eine ganz bedeutende Schlussfolgerung ergibt.

"SAUBER" FORMULIEREN

"Sollten Sie sich anstÀndig verhalten, werde ich Ihnen
selbstverstÀndlich jederzeit den verlangten Betrag auszahlen."

Ein Satz, der sich in unserem Empfinden ein wenig wie eine elterliche
Zurechtweisung anhört. Etwas, das man vielleicht gegenĂŒber einem
Lehrling oder Praktikanten wohlwollend Àussert, und dabei eigentlich
dessen etwas ungehobelten Umgang mit der Kundschaft im Hinterkopf
hatte.

Nur: Was ist "anstÀndiges Verhalten"?

Und "jederzeit" ist auch in den nĂ€chsten fĂŒnf Minuten.

Wer das so gesagt hat, kann der als Arbeitgeber die Auszahlung noch
verweigern, weil eine Bankkassiererin stÀndig mit einem ultrakurzen
Mini am Schalter steht? Kann der - z.B. als katholisches
kircheneigenes Unternehmen - die Zahlung noch verweigern, wenn das
GegenĂŒber sich scheiden lĂ€sst und nichtehelich mit einer geschiedenen
Frau zusammenlebt?

Tatsache ist jedenfalls, dass solche Aussagen - ob nun in einem
ausgesprochenen Vertragstext oder auch nur sonst in einem Text -
grundsÀtzlich klagbar sind. Und je schwammiger und unprÀziser die
Wortwahl im einzelnen ist, desto mehr setzt man sich der Gefahr des
Richter-Recht aus.

Was immer unter solchen Begriffen im einzelnen zu verstehen ist, es
wird dann im wesentlichen das sein, was ein Richter darunter versteht.
Und somit zum unabsehbaren Risiko.

Deshalb ist im geschÀftlichen Umgang grundsÀtzlich höchste Vorsicht
geboten bei allen Aussagen, die einen irgendwie gearteten
INTERPRETATIONSRAHMEN mitbringen. Dann nÀmlich wird das Ganze zum
Spielball der spÀteren Interpretation - und somit unabschÀtzbar. Und
dabei ist es unerheblich, ob man im grossen und ganzen schon auch
versteht, was eigentlich gemeint wÀre.

Deshalb Vorsicht mit all diesen Begriffen wie "erheblich",
"beachtlich", "nach Möglichkeit", "den UmstÀnden entsprechend",
"aussergewöhnlich", "bald" u.s.w., u.s.f.

Ein an solche Aussagen geknĂŒpftes Versprechen kann sich zum
berĂŒchtigten Schuss auswachsen, der nach hinten losgeht.

"UNPRAEJUDIZIELL, NICHT FUER DEN PROZESSGEBRAUCH"

Aus diesem Grunde auch hat sich nicht ganz von ungefÀhr zwischen
RechtsanwĂ€lten in der Korrespondenz die Redewendung eingebĂŒrgert, man
mache dieses oder jenes Angebot eben "unprĂ€judiziell und nicht fĂŒr den
Prozessgebrauch".

Eben genau weil alle diese Aussagen im Prinzip klagbar sind, sind
AnwĂ€lte zu dieser generellen Berufsvereinbarung gelangt, um ĂŒberhaupt
noch miteinander verhandeln zu können. Die Floskel soll schlicht
heissen, dass man darlegen kann, wie mein man zu einer Einigung bereit
ist, ohne auf dieses Entgegenkommen gleich vor Gericht festgenagelt zu
werden.

Unter AnwÀlten.

Ob man sich als Nicht-Anwalt mit einem solchen Passus wirklich
schĂŒtzen kann, ist sehr fragwĂŒrdig. Denn schlussendlich ist dies
nichts weiter als eine Vereinbarung unter Berufsleuten (soll heissen:
"unter dem Vorbehalt, dass Du mich spÀter nicht darauf verpflichte
willst, bin ich zu diesem EingestÀndnis bereit"). Ein Anwalt, der sich
daran nicht hÀlt und den anderen trotzdem festzunageln versucht,
könnte in der Schweiz - allenfalls (...) - wegen "unstandesgemÀssem
Verhalten" seine Zulassung verlieren.

Aber ob ein Richter nachher im Verfahren bereit ist, einen solchen
Vorbehalt zu akzeptieren, das steht in den Sternen.

Vielleicht haben Sie ja GlĂŒck, und der Richter hat schon einmal als
Rechtsanwalt gearbeitet oder will das in Zukunft tun, so dass er
solche Redewendungen und Vorbehalte schon als selbstverstÀndlich
annimmt.

Vielleicht.

Wenn Sie selbst kein Anwalt sind und so eine Zuschrift bekommen,
könnten Sie ja auch probieren, trotzdem das GegenĂŒber zu verklagen.
Immerhin kann man Sie ja dann nicht aus der Anwaltskammer
ausschliessen. Aber möglicherweise wĂŒrde mancher Richter ja dies auch
wieder als mutwillige ProzessfĂŒhrung einstufen und Ihnen eine
ordentliche Geldbusse verpasse...

Also auch hier das Richter-Recht.

SAGEN, WAS SACHE IST

SchĂŒtzen kann man sich gegen das Richter-Recht grundsĂ€tzlich am
besten, indem man quantifizierbare Aussagen macht. In seinen Aussagen
sollte man stets sagen, was konkret Sache ist.

Nicht "auf Zusehen hin", sondern "als einmaliges Entgegenkommen,
befristet bis zum".

Nicht "gegebenenfalls", sondern "unter der Voraussetzung, dass...".

Nicht "bald", "schnellstmöglich" oder "unverzĂŒglich" , sondern "bis
zum".

Nicht einfach nur "zu zahlen", sondern "auf erstes schriftliches
Ersuchen innerhalb von vier Werktagen den Betrag von ... zu zahlen".

Wo immer man in einem GeschÀftstext den Interpretationsrahmen
möglichst klein hÀlt und die Wortwahl möglichst konkret und eindeutig
gestaltet, wird die Gefahr des Richter-Rechts immer geringer. Denn je
mehr der Text das GeschÀftsverhÀltnis vorgibt, desto geringer ist die
Notwendigkeit, dass ein Gericht die Details auszulegen hat.

Selber kann man sich zu diesem "Hang zur Konkretheit" auch ein wenig
erziehen.

Die meisten Gerichte sind ohnehin dankbar dafĂŒr.

---

Dieser Beitrag ist im Original im Newsletter "Das Q - Managementwissen im Klartext" erschienen. Um den Newsletter kostenlos und unverbindlich zu bestellen, senden Sie bitte

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05 Mar 2009
19:28:55
Achim H. Pollert

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